Der Todesengel

Es war ein kalter, nebliger Herbstabend, als ich mich auf den Weg machte, um meine Großmutter zu besuchen. Sie wohnte in einem kleinen, verfallenen Haus am Stadtrand, das sie seit Jahren nicht mehr verlassen hatte. Sie war eine eigenbrötlerische Frau, die sich lieber mit ihren Büchern und ihrem Garten beschäftigte, als sich mit anderen Menschen zu unterhalten.

Ich hatte sie schon lange nicht mehr gesehen und wollte sichergehen, dass es ihr gut ging. Als ich an ihrem Haus ankam, bemerkte ich, dass das Licht im Wohnzimmer brannte und ich hörte Stimmen von drinnen. Ich dachte mir nichts dabei und klopfte an die Tür.

Doch als sie öffnete, stand nicht meine Großmutter vor mir, sondern eine fremde Frau mit bleichem Gesicht und dunklen, tief liegenden Augen. Sie lächelte mich an, doch ihr Lächeln wirkte kalt und berechnend.

„Wer sind Sie und was machen Sie hier?“, fragte ich sie.

„Ich bin eine Freundin deiner Großmutter“, antwortete sie. „Sie ist krank und kann dich leider nicht empfangen. Komm doch morgen wieder, wenn sie sich besser fühlt.“

Ich war misstrauisch und beschloss, nicht ohne meine Großmutter zu gehen. Ich drängte mich an der Frau vorbei ins Haus und sah, dass meine Großmutter im Wohnzimmer lag. Sie sah sehr krank aus und war von einem merkwürdigen, grünen Schimmer umgeben.

„Großmutter, was ist passiert?“, fragte ich besorgt.

„Es ist alles in Ordnung, mein Kind“, antwortete sie mit schwacher Stimme. „Ich habe nur eine Grippe. Geh nach Hause und komm morgen wieder.“

Doch ich wusste, dass etwas nicht stimmte. Die Fremde beobachtete uns aufmerksam und ich hatte das Gefühl, dass sie etwas verbarg. Ich beschloss, nicht ohne meine Großmutter zu gehen und sie ins Krankenhaus zu bringen.

Doch als ich versuchte, sie hochzuheben, merkte ich, dass sie ungewöhnlich schwer war. Ich sah genauer hin und bemerkte, dass ihr Körper voller grüner Pusteln war, die pulsierten und wuchsen. Ich wurde von Panik erfasst und wusste nicht, was ich tun sollte. Die Fremde beobachtete mich mit einem seltsamen Glitzern in den Augen und ich hatte das Gefühl, dass sie etwas mit meiner Großmutters Krankheit zu tun hatte.

Ich beschloss, so schnell wie möglich zu fliehen und Hilfe zu holen. Ich rannte zur Tür, doch als ich sie öffnete, wurde ich von einer schwarzen Wolke empfangen, die mich einhüllte und mich zu ersticken drohte.

Ich taumelte zurück und stürzte zu Boden. Als ich mich umdrehte, sah ich, dass die Fremde auf mich zukam, ein Grinsen auf ihrem Gesicht. Sie streckte die Hand aus und ich merkte, wie ich immer schwächer wurde.

Ich wusste, dass ich sterben würde, wenn ich hierblieb. Also sammelte ich all meine Kraft und kämpfte mich auf die Beine. Ich rannte, so schnell ich konnte, aus dem Haus und durch den Nebel hinaus.

Ich lief und lief, bis ich schließlich auf eine Straße stieß und ein Auto anhielt. Der Fahrer, ein freundlich aussehender Mann, bot mir an, mich mitzunehmen. Ich erzählte ihm von meiner Großmutter und der fremden Frau und bat ihn, mich ins Krankenhaus zu bringen.

Er tat, was ich verlangte, und ich wurde in der Notaufnahme behandelt. Die Ärzte stellten fest, dass ich von einer seltenen und tödlichen Krankheit befallen war, die von der fremden Frau auf mich übertragen worden war. Sie sagten mir, dass ich nur noch wenige Stunden zu leben hatte.

Ich war am Ende meiner Kräfte und wusste, dass ich sterben würde. Doch ich war auch froh, dem Haus meiner Großmutter und der fremden Frau entkommen zu sein. Ich dachte an all die anderen Menschen, die ihnen zum Opfer gefallen waren und betete, dass sie irgendwie gestoppt werden würden, bevor noch mehr Leben zerstört wurden.

Ich schloss die Augen und dachte an meine Familie und Freunde. Dann spürte ich, wie mein Atem schwächer wurde und ich meine Augen für immer schloss. Ich war zu Hause bei meiner Familie und in Sicherheit, weg von dem Haus und der fremden Frau, die ich nie vergessen würde.

In den Tagen nach meinem Tod wurde die fremde Frau gefasst und man stellte fest, dass sie eine Serienmörderin war, die sich an alten, einsamen Menschen vergriffen hatte. Sie hatte meine Großmutter betäubt und sie mit der Krankheit infiziert, die auch mich getötet hatte.

Die Leichen all der Menschen, die ihr zum Opfer gefallen waren, wurden in ihrem Keller gefunden und sie wurde zu lebenslanger Haft verurteilt. Doch für mich war es zu spät. Ich war eines ihrer vielen Opfer und würde für immer in Erinnerung bleiben als eines der vielen unschuldigen Leben, die sie auf ihrem Weg zerstört hatte.